Sie fotografiert nicht nur sehr gut: Stadt-Heimatpflegerin, Reporterin, Lehrerin Uschi Kaiser-Biburger (l.). Foto: Hertlein
Ein außergewöhnliches, nicht leicht zu erkennendes Themenfeld präsentiert die letztjährige Ortungspreisträgerin Eleni Papaioannou noch bis 15. September mit ihrer derzeitigen Ausstellung in der Bürgerhaus-Galerie beim Künstlerbund Schwabach. Bei der Eröffnung erläuterte Margot Feser als Vorsitzende des Künstlerbundes, dass es sich mittlerweile etabliert habe, dass sich die Ortungspreisträger in der städtischen Galerie in einer Solo-Ausstellung mit ihrem Arbeiten – fern ab von Gold und der Bindung zu Raum – präsentieren können. Von daher freute sie sich zusammen mit ihrem stellvertretenden Vorstand Manfred Hürlimann und der städtischen Pflegerin Evi Grau-Karg, dass nun Ortungspreisträgerin Eleni Papaioannou sich bei dieser besonderen Ausstellung mit einem komplexen künstlerischen Projekt und einem ungewöhnlichen Thema, den „Memographies – Kartographie der Erinnerung“ präsentiert.
Kartograph Bernhard Spachmüller war daher auch an der Herstellung des Katalogs beteiligt. Dass sich hier die zahlreichen Gäste mit einer anspruchsvollen, nicht leicht erfassbaren Kunstform auseinander zu setzen hätten, wurde spätestens nach der präzisen und tiefgründigen Einführung von Kunsthistorikerin Barbara Leicht deutlich. Sie klärte die Gästeschar darüber auf, dass es sich hier um Erinnerungen handele, die die Künstlerin aus den Lebenserzählungen alter Menschen, die in Seniorenheimen die letzten Jahre ihres Lebens verbringen, ihrer Arbeit zu Grunde gelegt habe. „Aktuelle gesellschaftspolitische Themen aufzugreifen und künstlerisch zu bearbeiten, steht im Zentrum des Schaffens der gebürtigen Griechin, die in Athen Bildhauer und in Berlin Kunst im Öffentlichen Raum studierte.“, ergänzte Barbara Leicht ihre Ausführungen. Dieses Gesamtkunstwerk bestünde aus Zeichnungen, Bildhauerei, multimedialer Installation sowie einer Ruinen-Architektur aus (800) Kalksandsteinen. Dieses Projekt brauche aber darüber hinaus ebenso den Betrachter. Denn Eleni Papaioannou setze stets auf Interaktionen von Kunst und Betrachter, also von Sender und Empfänger. Ihr Anspruch bestehe darin, nicht nur ein Abbild der Realität zu gestalten, vielmehr möchte sie in Bild-Zusammenhängen einen Sinn erzeugen, der aber nicht von vorne herein ablesbar und individuell interpretiert werden könne. Allerdings der Betrachter kann und soll an der Auslegung der Inhalte teilhaben, ohne dass er aber irgendwelche klare oder didaktische Anweisungen erhalte. In dieser Installation sehe man neben virtuosen linearen Zeichnungen mit feinnervigen Flächenschraffuren, die eben an alte Karten erinnern, und die Verwendung verschiedenster Materialien. Den Impuls für diese Ausstellung, die sich den verbliebenen Erinnerungen und dem zu Ende gehenden Leben der Menschen in diesem Kulturraum widmet, sei eine betagte Verwandte der Künstlerin gewesen, deren Haus wie ein kleines Museum akkurat und in großer Fülle eingerichtet gewesen sei. Darauf habe die Künstlerin bei ihren „Memographies“ Bezug genommen.
Der museale Aspekt sei daher eben spürbar. Denn das Museum empfinde die Künstlerin hierbei als Hort der Erinnerung. Durch den demographischen Wandel werde diese Thematik nun aktueller denn je. Denn mit dem Umzug in ein Seniorenheim, werde das Zuhause auf wenige Quadratmetern mit wenigen Dingen reduziert und bedeute vor allem den Verlust der gewohnten Umgebung. Was bleibt, sei die Rückblicke auf ein langes Leben voller Höhen und Tiefen. Zu dieser Erkenntnis sei die Künstlerin durch ihre Interviews mit Seniorinnen gekommen, die in unterschiedlichen Heimen lebten. Daraus habe sie Farbstiftzeichnungen entwickelt, auf denen florale Motive, die technoide Welt, architektonische Zitate und anatomische Anmutungen kartographisch verzeichnet seien und deren Inhalte sich nicht sogleich erschließen ließen. Dies seien die Landkarten der Erinnerung. Jene „Landkarten“ lassen an topografische Pläne oder an museale Inventarblätter denken. „Beides sind wichtige Aspekte. Wir alle leben nämlich mit und von unserem Wissen und unseren Erinnerungen“, erläuterte Barbara Leicht, ehe sie sich näher mit der Architektur dieses Kunstwerks befasste. Die Installation selbst bestehe aus unterschiedlichen Niveaus und freien Räumen. Es entstünde der Eindruck einer riesigen Speicherplatte eines Computers, zwar alles geordnet, aber asymmetrisch und mit Zeichen besetzt oder frei. Reizvoll sei der Kontrast von Wachstum und Konstruktion auf der einen Seite durch eine Baustelle und Bauklötzchen im Film oder echte Pflanzen und Vergehen und Destruktion auf der anderen Seite mit toten Ästen von Gipsbinden umwickelt. Schließlich greife die Künstlerin den Blick in die knapp bemessene Zukunft im Alter auf. Die Klammer über all dem sei die Zeit. Sie lasse Leben entstehen und vergehen: Vergangenheit und Gegenwart beeinflussbar durch wenige Parameter. Diese Komplexität künstlerisch auszudrücken sei der Kern dieses, nur bedingt verständlichen, aber ungemein interessanten Projekts von Eleni Papaioannou in der Bürgerhaus-Galerie. .. UKB
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